Bundesweite Termine

05.01.2021
Grußwort

Steter Mahner für die Olympischen Kernwerte

05.01.2021
DOG

70 Jahre Deutsche Olympische Gesellschaft

17.11.2020
Neckaralb

Ehrung des Turngaus Zollern-Schalksburg

06.11.2020
Berlin

Mitgliederversammlung: DOG-Präsidium mit bekannten und neuen Namen

05.11.2020
Nachruf

Ehrenmitglied Hubert Hey verstorben

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Leistungssportreform: Chance oder Fehlgriff?

Begrüßung durch Hans-Werner Erb, Sparkasse Darmstadt

Klärungsversuche bei DOG-Podiumsdiskussion

Seit September 2016 gibt es ein neues Konzept zur Förderung des Leistungssports in Deutschland. Diese Leistungssportreform wurde bei der Mitgliederversammlung des DOSB mit großer Mehrheit (98%) angenommen. Die einzige Gegenstimme – bei 5 Enthaltungen – stammt von dem DOG-Vizepräsidenten Norbert Lamp.

Jede Reform birgt Diskussionsstoff, zumal durch diese Reform viele bestehende Einrichtungen verunsichert sind. Wegen der Komplexität des Themas haben der DOSB und das für den Sport zuständige Bundesministerium des Inneren (BMI) die PotAS (Kommission für Potenzial Analyse-System) gebildet, um ein eigenständiges, objektives Gremium für möglichst neutrale Entscheidungen einschalten zu können, was die Unruhe im Sportland Deutschland nicht verkleinert.

Insofern war die Herbstveranstaltung der Darmstädter Zweigstelle der Deutschen Olympischen Gesellschaft in den Räumen der Sparkasse Darmstadt diesem brisanten Thema gewidmet. Als Experten stellten sich zur Diskussion:

Eugen Eckert, Stadionpfarrer in Frankfurt,
Felix Rijhnen, Darmstädter Weltmeister 2017 im 10 km-Speedskating und Athletensprecher im DOSB,
Michael Scharf, Präsident Deutscher Verband für Modernen Fünfkampf und Leiter des Olympiastützpunktes Rheinland-Pfalz,
Dr. Ole Schröder, Staatssekretär im Bundesinnenministerium (BMI) und
Alwin Wagner, ehemaliger Spitzensportler, Olympiateilnehmer (Diskuswurf) und Nachwuchstrainer.
Die Moderation lag bei Till Lufft, Geschäftsführer des Gastgebers.

Eugen Eckert
Michael Scharf
Dr. Ole Schröder, Felix Rijhnen
Alwin Wagner

Till Lufft eröffnete das Gespräch mit der Frage an das Publikum, ob es eher den Standpunkt von Ex-Bundespräsident Gauck, der mit Platz 5 in der Nationenwertung bei den Olympischen Spielen in Rio zufrieden war, vertrete, oder sich der Forderung von Innenminister Thomas de Maiziére anschließe, der für einen Zuwachs an Fördermitteln 30 % mehr Medaillen einfordert. Die Mehrheit im Publikum stimmte für Gauck und gegen eine Medaillen-Manie.

Der Vertreter des BMI verwandte zunächst viel Mühe darauf darzustellen, dass die Verteilung der Steuermittel nicht mehr nach dem wie er sagte, Gießkannen-Prinzip, sondern künftig nach neuen klaren Richtlinien der Leistungsgesellschaft erfolgen solle. Und schließlich sei es notwendig, dass öffentliche Mittel durch rechtstaatliche Organe verteilt würden. Schröder verdeutlichte seine positive Einstellung zum Sport, ließ aber anhand einiger Beispiele (Olympiastützpunkte ohne Kaderathleten) seine kritische Haltung gegenüber den Sportorganisationen erkennen. Das gesamte Sportsystem gehöre an einigen Gliedern evaluiert, gestrafft und verschlankt. Der Sport müsse lernen, sich insgesamt effizienter aufzustellen. Erfolgsabhängige Förderung nach PotAS sei künftig angesagt.

Stimmen aus dem Publikum verstärkten die Kritik am DOSB, der die Verbände bei den gesundheitlichen und gesellschaftlichen Aufgaben, vor allem im Breiten- und Nachwuchssport stärken müsse.

Dem gegenüber erinnerte die auf dem Podium vertretene Sportseite an ihre Anliegen: Felix Rijhnen erhält als Mitglied der siebenköpfigen Athletenkommission des DOSB massig Anfragen besorgter Spitzensportler und zieht die Bilanz: „Deutsche Sportler sind unterfinanziert; nur die Freude am Training und die kleinen Momente beim Sieg spenden die notwendige Dauer-Motivation“.

Michael Scharf, der Präsident des kleinen, aber beachtlich erfolgreichen Fünfkampf-Verbandes pflichtet ihm bei: „10 Jahre mit 30 Stunden Training pro Woche sind notwendig, um ‚ganz oben’ ein Wort mitreden zu können. Im internationalen Vergleich steht Deutschland dem Spitzensport nur mit ‚kleinen Brötchen’ zur Seite.“ Scharf steht in Kürze vor der Streichung eines seiner drei Olympiastützpunkte und malt große „weiße Flächen“ und Defizite im Nachwuchsbereich an die Wand.

Das Podium

Alwin Wagner, der seine Disken vor Jahrzehnten auch beim ASC Darmstadt schleuderte, sprach sich gegen den Medaillenspiegel und für eine gleichrangige Würdigung aller Endkampfteilnehmer aus, was auch im Hinblick der Vorbildfunktion gerechter wäre. Als ehrenamtlicher Nachwuchstrainer und als Anti-Doping-Referent bei Schulklassen kennt er die Meinung vieler Jugendlicher.

Pfarrer Eckert mahnte an, im Spitzensport auch an menschliche Leistungsgrenzen zu denken und den Dopingmissbrauch entschiedener zu ächten. Weil die Grenze des Zuträglichen vielerorts überschritten werde, was neuerdings durch nichtkörperliche Symptome und Verletzungen auffällig wird, müsse das Rekord-Denken zugunsten von spielerischen Wettbewerben eingeschränkt werden. Da liegt der noch völlig unbehandelte Kern einer inneren Reform, die der deutsche Sport noch vor sich hat! Auf die abschließende Frage, was Martin Luther zum heutigen Erscheinungsbild des Sports raten würde, empfahl Seelsorger Eckert allen irgendwie Beteiligten mehr Demut.

Till Lufft umriss am Ende die Veranstaltung mit dem Appell, die Reform als einen gemeinsamen Prozess unter Beteiligung von PotAS, Verbänden und Vereinen zu  sehen, der bis zur Umsetzung noch Zeit braucht. Die mehrfach angesprochene Forderung nach mehr Transparenz kann mit der Einbindung aller Glieder unseres Sportsystems entsprochen werden. Es seien noch Hausaufgaben auf allen Ebenen zu machen. 

Die DOG-Herbsttagung in Darmstadt war ein wichtiger, aber keineswegs der letzte Schritt einer Debatte über die Hintergründe und die Ausgestaltung des deutschen Spitzensports in den nächsten Jahren.

Walter Schwebel

Dr. Ole Schröder, Felix Rijhnen, Alwin Wagner
Eugen Eckert
Michael Scharf, Dr. Ole Schröder
Norbert Lamp
Till Luft