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Stuttgarter Sportgespräch: "Ausverkauf der Werte"

Stuttgarter Sportgespräch 2020: Das Podium

Funktioniert Spitzensport nur noch als Event?

Das Stuttgarter Sportgespräch 2020 stellte unter dem Titel „Ausverkauf der Werte“ die Frage „Funktioniert Spitzensport nur noch als Event?“. Dass die Veranstaltung im SpardaWelt Eventcenter stattfand, mag dabei ein wenig kurios anmuten, sollte die Antwort auf die Eingangsfrage jedoch nicht unbedingt vorwegnehmen.

Dr. Marius Breucker, Partner in der Stuttgarter Rechtsanwaltskanzlei Wüterich Breucker, die das Stuttgarter Sportgespräch seit vielen Jahren ausrichtet, setzte in seinem Impulsreferat den Rahmen für die diesjährige Veranstaltung. Wie in den Vorjahren stellte sich wieder ein hochkarätiges Podium den Fragen des Moderators Jens Zimmermann:

- Sarah Lewis, Generalsekretärin des Welt-Skiverbandes FIS
- Christian Klaue, Director Corporate Communications and Public Affairs im Internationalen Olympischen Komitee (IOC)
- Claus Vogt, Präsident des VB Stuttgart
- Julius Brink, Olympiasieger im Beachvolleyball, London 2012

Zu einzelnen Themenbereichen standen zudem Frank Stäbler, mehrfacher Weltmeister im Ringen, und Harald Dietz, Sportchef beim Sender SWR, Rede und Antwort.

Hatte man in den Vorjahren Themen behandelt, die durchaus kontrovers diskutiert wurden, blieben polarisierende Statements und erbitterte Wortgefechte diesmal weitestgehend aus. Zu sehr wurde immer wieder deutlich, dass die Sportarten in Konkurrenz zueinander stehen und um die Gunst der Zuschauer vor Ort und an den Fernsehschirmen buhlen.

Die Eventisierung begann mit der Öffnung des Sports für Profis Ende der 1970er Jahre. Der reine Amateursport geriet in den Hintergrund; Glamour, Prämien, Umsätze, bedingungsloses Erfolgsstreben und der Kampf um Einschaltquoten begannen den Sport zu beherrschen. Viele Verbände haben in den vergangenen Jahren sogar ihr Regelwerk angepasst, um ihren Sport für das Publikum vor Ort und nicht zuletzt auch für die TV-Übertragungen attraktiver zu gestalten.

Julius Brink
Christian Klaue
Sarah Lewis
Frank Stäbler
Claus Vogt

Zuschauer vor Ort wollen eine emotionale Party feiern. Der Zeitgeist verlangt Dramatik und Höhepunkte in immer kürzeren Abständen. Vorbei die Zeiten, in denen Ski-Langläufer für zehn oder fünfzehn Minuten abseits von Zuschauern und Kameras in tief verschneiten Wäldern verschwanden. Und wenn die Zuschauer nicht zum Sport kommen, muss der Sport halt zum Zuschauer kommen. Schnee-Events in Großstädten und Fußball-Stadien oder Kugelstoß- und Stabhochsprung-Wettbewerbe auf Marktplätzen scheinen da nur folgerichtig.

Private Veranstalter treten in Konkurrenz zu den etablierten Internationalen Verbänden, locken Sportler und Zuschauer mit modifizierten Formaten in neue Rennserien und Turniere. Vor allem für die sogenannten Randsportarten sind Änderungen an Erscheinungsbild, Abläufen und Regelwerk unerlässlich.

Das Fernsehen bringt den Sport in die heimischen Wohnzimmer, ist selbst an Einschaltquoten und somit an plakativen Bildern und dynamischen Abläufen interessiert. Der Sportverband gibt die Wettbewerbsregeln vor, das Fernsehen wünscht in Einzelfällen jedoch eine Verdichtung der Abläufe und bittet zum Beispiel um eine Verkürzung der Startintervalle. Kameraeinstellungen wie bei der Leichtathletik-WM 2019 in Katar, als eine in den Startblock integrierte Kamera den Blick in den Intimbereich von Sportlern und Sportlerinnen in alle Welt übertrug, müssen auf jeden Fall mit den Athleten abgestimmt sein und sind zu unterlassen, wenn sich Athletin oder Athlet gestört fühlen.  

Das Werben um zahlendes Publikum bringt vor allem in den Arenen der großen US-Ligen immer wieder neue Kuriositäten hervor. Integrierte Hotels ermöglichen dem Fan die Möglichkeit die Begegnung seines Teams vom Zimmer aus zu verfolgen. Selbst bei einem Bad im Stadion-Pool braucht man auf einen Blick in die Football-Arena nicht zu verzichten. Andere Stadien setzen auf integrierte Shopping Malls und auf Bedienung am Platz; selbst die stadionweite Versorgung mit Popcorn und Cola mittels einer Drohne gehört längst nicht mehr in den Bereich der Utopie.

„Es sieht so aus, als ob das Geld den Sport bestimmt.“, lautete eines der abschließenden Statements.

Bleibt zu hoffen, dass Athletinnen und Athleten nicht an den Rand gedrängt werden und auch in Zukunft die ihnen gebührende Rolle im Zentrum des Geschehens einnehmen.

Sonderstellung Fußball

Claus Vogt, Präsident des VfB Stuttgart, sieht den Fußball hierzulande in einer Sonderstellung; Fußball könne auf eine zusätzliche Eventisierung verzichten. Vor allem Traditionalisten und Ultras beharren auf den Status Quo und versuchen alles, damit das Spiel auf dem grünen Rasen stets im Mittelpunkt der Veranstaltung bleibt.

Anmerkung des Verfassers zur Sonderstellung des Fußballs:

Solange die Auslastung der Stadien auf dem heutigen hohen Niveau verbleibt, muss der Fußball vermutlich keine neuen Anreize schaffen, um zusätzliche Menschen zu den Spielen zu locken. Allerdings ist die Eventisierung auch beim Fußball nicht zu übersehen. Wenn Zehntausende vor dem Anpfiff das Badener-Lied singen, Lotto King Karl auf einer hydraulischen Bühne die Fankurve animiert oder zumindest das Vereinslied aus den Stadion-Lautsprechern dröhnt, ist der Rahmen für ein Event jedenfalls gesetzt. Einlaufkinder begleiten die Kicker auf das Spielfeld, riesige Video-Screens sorgen für sportspezifische und artfremde visuelle Ablenkung, zu Eckbällen der eigenen Mannschaft werden Werbepartner benannt und bei einem Torerfolg eine spezielle Tor-Musik eingespielt. In einer durchgeplanten Arena können Kinder vor dem Spiel an geschultes Betreuungspersonal übergeben werden, nicht zuletzt sorgen komfortable Logen dafür, dass sich gut zahlende Besucher im Stadion wohlfühlen und das Verpflegungsangebot in angenehmer Atmosphäre genießen können. Choreos und (verbotene) Pyrotschnik in den Fankurven tragen zum Stadion-Erlebnis bei. Viel mehr Eventisierung geht eigentlich nicht mehr.

Rainer Paepcke