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05.01.2021
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Mitgliederversammlung: DOG-Präsidium mit bekannten und neuen Namen
05.11.2020
Nachruf
Ehrenmitglied Hubert Hey verstorben
Ingrid Künzel: Melbourne - Olympische Sommerspiele 1956
In Melbourne ging eine gesamtdeutsche Mannschaft an den Start. Wie war das Verhältnis zu Sportlerinnen und Sportlern aus dem Osten Deutschlands?
Es gab kaum Kontakte. Die Sportlerinnen und Sportler aus dem Osten Deutschlands durften ja nicht mit uns reden und standen unter ständiger Beobachtung durch ihre Funktionäre. Für mich war das nicht nachvollziehbar.
Die Gemeinsamkeiten waren eigentlich nur äußerlich. Bei der Siegerehrung wurde beispielsweise für alle deutschen Goldmedaillen-Gewinner die 9. Symphonie von Beethoven gespielt. Die Vereinbarung einer gemeinsamen Siegersymphonie für die gesamtdeutsche Mannschaft vermittelte aber kein wirkliches Gemeinschaftsgefühl. Die Olympiasieger aus dem Westen Deutschlands hätten auf jeden Fall lieber „unsere“ Nationalhymne gehört. Man hatte den Eindruck, dass in Melbourne zwei getrennte Mannschaften am Start waren.
Zu näheren Kontakten mit Athletinnen und Athleten aus dem Osten Deutschlands kam es also nicht?
Es gab einige wenige Starter aus dem Osten, die sich nichts vorschreiben lassen wollten. Einer von ihnen war der Schwimmer Hans Zierold, mit dem ich noch einige Jahre lang einen Briefwechsel gepflegt habe. 1958 konnte er in den Westen übersiedeln.
Gab es von der westdeutschen Mannschaftsleitung Vorgaben, die den Kontakt mit den Sporttlerinnen und Sportlern aus dem Osten Deutschlands betrafen?
Nein.
Gab es Kontakte mit Sportlern anderer Nationen?
Mit den Ungarn haben wir uns gut verstanden. 1956 hatte es ja in Ungarn den Aufstand gegen die Besatzung durch die sowjetische Armee gegeben. Im Verlauf der Konfrontation mit der Besatzungsmacht hatten viele Menschen ihr Leben verloren. Viele andere, wie auch Janos Sartori, der spätere langjährige Trainer beim DSW, haben damals ihr Land verlassen. Unter Janos Sartori habe ich später auch noch beim DSW trainiert.
Auf unserem täglichen Weg zum Frühstück im Olympischen Dorf kamen wir bei der italienischen Mannschaft vorbei. Hertha Haase, das Küken in unserer Mannschaft, hat dabei immer wieder mit dem italienischen Schwimmer Carlo Pedersoli geflirtet. Ihn habe ich später wiedergesehen: Als Bud Spencer auf der Kinoleinwand.
Was ist an Kontakten mit Sportlern aus dem westlichen Teil Deutschlands geblieben?
Unter dem Strich sehr wenig.
Haben Sie noch Fotos von den Olympischen Spielen in Melbourne?
Nur sehr, sehr wenige. Aber es gibt Filmmaterial. Mein Verein, der DSW, hatte mir eine 8 mm Filmkamera mitgegeben, um damit Eindrücke von den Olympischen Spielen einzufangen. Das Ganze war noch ohne Ton, aber die bewegten Bilder gibt es noch heute. Ein Abspielgerät existiert auch noch, aber der Aufbau des Ganzen ist doch sehr umständlich. Vielleicht sollte ich die Filme digitalisieren lassen, um sie dann allen zur Verfügung stellen zu können, die Interesse an diesen Aufnahmen haben.
In Melbourne wurden Sie im Vorlauf über 400 Meter Freistil mit 5:20,8 Minuten gestoppt. 1958 sind Sie über die gleiche Strecke mit 5:08,1 Minuten Deutschen Rekord geschwommen. 2017 wurde der Deutsche Meistertitel mit 4:08,3 Minuten vergeben. Warum schwimmt frau heute schneller?
Im Schwimmsport hat sich wahnsinnig viel verändert. Die Bedingungen sind besser, die Trainingmethoden ausgefeilter. Massagen und Physiotheraphie waren zu meiner Zeit unbekannt oder die absolute Ausnahme. Auch der Wassertemperatur kommt eine nicht zu unterschätzende Rolle zu. Bei 17 Grad Wassertemperatur schwimmt heute niemand mehr!
War bei den Olympischen Spielen 1956 Doping ein Thema?
Nein, überhaupt nicht. Wir waren nur skeptisch, wenn wir uns die russischen Frauen, vor allem die Kugelstoßerinnen angeschaut haben. Die sahen aus wie Männer. Aber medizinische Geschlechtsüberprüfungen gab es zu meiner aktiven Zeit noch nicht.
Wie verlief der Rückflug in die Heimat?
Von Melbourne ging es nach Darwin. Es war zunächst ein angenehmer Flug, nach gut einer Stunde gab es ganz plötzlich ein fürchterliches Knarren und Knacken und die Maschine sackte entsetzlich durch. Kurz zuvor hatte man uns das Frühstück serviert, von dem sich nach dem Durchsacken aber nur noch ein kleiner Teil auf den Tabletts befand. Die übrigen Einzelteile waren überalle in der Kabine verteilt. Von den Passagieren war kaum jemand angeschnallt, so dass einige der Fluggäste Verletzungen davontrugen. Nur eine Minute später wiederholte sich das Durchsacken und ich fürchtete schon, dass ein Flügel abgebrochen sein könnte. Als wir den Piloten fragten, ob ein derartig heftiges Durchsacken häufiger vorkomme, hatte er nur eine launige Antwort parat: „Ja, das kommt regelmäßig vor. Im Durchschnitt alle fünf Jahre.“
Zum Glück war der Maschine nichts passiert, und sie brachte uns ohne weitere Zwischenfälle über Indonesien nach Bangkok, wo wir einen zweitägigen Zwischenaufenthalt einlegten. Über Pakistan ging es dann wohlbehalten zurück in die Heimat.
Eine nicht so schöne Erinnerung an die Olympia-Reise!
Geblieben sind aber auch viele positive Eindrücke. Ein Flug ans andere Ende der Welt war damals schon etwas Besonderes. Das ist auch daran erkennbar, dass die Passagiere von der Fluggesellschaft Zertifikate bekommen konnten, in denen die Überquerung des Äquators bestätigt wurde. Die nur für mich ausgefertigte Urkunde habe ich heute noch. Am 10. Dezember 1956 habe ich auf der Rückreise um 13:31 Uhr Greenwich-Zeit den Äquator überquert.
Waren Sie nach Ihrer Teilnahme als Aktive 1956 später noch einmal als Zuschauerin bei Olympischen Spielen?
Nein, ich verfolge die Spiele aber intensiv am Fernseher. Besonders die Leichtathletik
Was hat sich geändert bei Olympia?
Die Spiele in Melbourne liegen mehr als 60 Jahre zurück. In diesem Zeitraum hat sich die Welt in allen Bereichen verändert. Vergleiche möchte ich nicht anstellen.