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05.01.2021
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Andreas Weber: Olympia - Platz 19 aus heutiger Sicht eine Sensation

Mit dem Zug zu den Spielen

Weißt du wie viele Medaillen die BRD in München geholt hat?
Nein, das weiß ich nicht mehr. Wenn ich jetzt eine Schätzung abgeben müsste, läge ich ganz sicher weit daneben.

Hat die DDR bei den Spielen in München mehr oder weniger Medaillen als die BRD gewonnen?
Die hatten auf jeden Fall bedeutend mehr als wir. Da bin ich mir sicher. An einige unserer Goldmedaillen kann ich mich erinnern: Die 4 x 100 Meter Staffel der Frauen, Hochsprung und Weitsprung bei den Frauen und im Speerwerfen der Männer. Die Springreiter und die Dressurreiter, die Hockeyspieler und einmal Gold im Rudern. Beim Preis der Nationen der Springreiter war ich sogar live im Stadion dabei.

>>> München 1972: Medaillengewinner aus der Bundesrepublik Deutschland (Quelle: Wikipedia)

Welche anderen Wettkämpfe konntest du besuchen?
Wir Schwimmer sind bei Olympischen Spielen ja immer in der ersten Veranstaltungswoche dran. In der zweiten Woche blieb dann genügend Zeit zum Besuch anderer Wettkämpfe. Ich konnte mir Vorkämpfe bei den Leichtathleten ansehen, war beim Dressurreiten und beim Springreiten, beim Wasserball und beim Hockey dabei. Diese Sportart hat mich damals total begeistert.

Konntest du dir die Wettkämpfe frei aussuchen?

Ja, im Büro gab es Zugangsberechtigungen für die Teilnehmertribünen.

Olympische Dorfzeitung

Waren die Spiele im eigenen Land Ansporn oder Belastung?
Ich fand die Stimmung bei den Wettkämpfen einfach grandios. Im Grunde genommen wäre es mir sicherlich egal gewesen, wo die Spiele stattgefunden hätten – Hauptsache, ich war dabei. Es gibt schließlich viele Top-Sportler, die Weltmeistertitel gewonnen und so gut wie alles erreicht haben, aber niemals die Chance hatten, an Olympischen Spielen teilzunehmen. Ein Fehlstart im Qualifikations-Rennen oder eine Krankheit zum schlechtesten Zeitpunkt können auch hoch gehandelte Sportlerinnen und Sportler entscheidend zurückwerfen. Schade für die Betroffenen, denn Olympische Spiele sind für einen Sportler nun einmal das Allergrößte.

Männlein und Weiblein waren in München ja in räumlich weit auseinander liegenden Gebäudekomplexen untergebracht. Hat man sich als junger Mann trotzdem um Kontaktaufnahme bemüht?
Ich hatte zu dem Zeitpunkt eine feste Verbindung. Übrigens war meine damalige Freundin auch die beste Freundin meiner heutigen Frau. Wir verstehen uns auch heute noch sehr gut. Bei Olympia habe ich mich auf das konzentriert, was mein Auftrag war, also auf das Schwimmen. Ich war abends manchmal bei der Live-Musik im Olympischen Dorf, da spielte unter anderem Hazy Osterwald mit seiner Band. Aber da ist nichts ausgeufert, es lief alles in geordneten Bahnen.

Schick in Blau
Andreas mit Mutter
Andreas mit Mutter
Andreas mit Vater
Schick in Rot

Hast du im Olympischen Dorf nähere Bekanntschaft mit Sportlern aus anderen Ländern geschlossen?
Eigentlich weniger.

Olympische Dorf: Blick aus dem Fenster

5. September 1972: Münchner Olympia-Attentat

Wie hat man als junger Mensch auf den Anschlag gegen das israelische Olympia-Team reagiert?

Mit völligem Unverständnis. Vielen von uns fehlte jegliches Hintergrundwissen zur politischen Situation im Nahen Osten. Politik war für mich damals völlig uninteressant.

Wie hast du die Situation erlebt?
Der Anschlag kam in der Nacht von Sonntag auf Montag, die letzten Schwimmwettkämpfe waren gerade beendet. Von meinem Fenster aus konnte ich die Bewegungen der Hubschrauber verfolgen, die vom Dorf aus in Richtung Fürstenfeldbruck unterwegs waren. Aber nähere Informationen hatte ich zunächst nicht.

Gab es Beklemmung oder Angstgefühle?

Das Olympische Dorf war nach dem Attentat von Grenzschützern dicht umstellt. Das Bild habe ich heute noch vor Augen. Aber Angst hatte ich nicht. Bei der Trauerfeier im Olympiastadion fiel ja dann der heute noch allgegenwärtige Satz „The Games must go on“. Diese Entscheidung konnte ich auf jeden Fall akzeptieren. Ich glaube, die meisten Sportler waren der gleichen Auffassung. Wäre man den Forderungen der Attentäter damals nachgekommen, wäre das sicher einer Aufforderung zu ähnlichen Übergriffen bei zukünftigen Spielen gleichgekommen.
Mitgefühl mit den Israelis war auf jeden Fall überall spürbar.

Mitfiebern zu Hause (Quelle: Darmstädter Echo, 29.08.1972)

Aus in den Vorläufen

Bei den Wettkämpfen bist du jeweils in den Vorläufen ausgeschieden. Wie wurde deine Leistung in Darmstadt bewertet?
Die Platzierungen in den Einzelwettbewerben waren sicher nicht überragend. In den Vorläufen hatte ich über 200 Meter Lagen Platz 19 und über 100 Meter Rücken Platz 28 belegt. Der eine oder andere Journalist hat schon ein wenig Kritik geübt, aber irgendwie war ich doch stolz darauf nach meinen eigenen Maßstäben zumindest nicht versagt zu haben.

Bist du heute noch der gleichen Ansicht?
Mehr denn je! Im Laufe der Zeit wurde ja deutlich, dass viele gute Leistungen auf die Einnahme unerlaubter Mittel zurückzuführen waren. Sauberen Athleten blieben dann nur die hinteren Plätze im Feld. Nach den Deutschen Meisterschaften fehlte mir auch eine umfassende Unterstützung am Beckenrand, da sich mein Trainer in diesem Zeitraum auf die Arbeit mit zwei Schwimmerinnen konzentrierte. Außerdem wäre ein Höhentraining vor den Olympischen Spielen sicherlich leistungsfördernd gewesen.
Wenn ich alle diese Faktoren berücksichtige, kam Platz 19 im Einzelrennen für mich aus heutiger Sicht einer Sensation gleich.

Auch mit der Staffel hat es nicht für das Finale gereicht, obwohl es dort eigentlich viel besser hätte laufen müssen ...
Brustschwimmer und Staffelmitglied Walter Kusch, im Grunde ein exzellenter Schwimmer, blieb in diesem Rennen weit unter seinen schwimmerischen Möglichkeiten. Drastisch ausgedrückt, könnte man sagen, dass er uns aus dem Rennen gebadet hat.

DSW-Vereinszeitung, Oktober 1972

Kann man das in Zahlen ausdrücken?
Mehr oder weniger. Wenn man die kurz zuvor bei den Deutschen Meisterschaften erzielten Zeiten als Vergleich heran zieht, war seine Staffelzeit bei den Olympischen Spielen satte zwei Sekunden langsamer. Ich lag in der Staffel drei Zehntelsekunden über meiner Zeit bei den Deutschen Meisterschaften – sicherlich keine Glanzleitung, aber immer noch im Rahmen. Wären wir als Staffel nur sieben Zehntel schneller gewesen, hätte das die Finalteilnahme bedeutet.

Wie kam es zu dem Leistungseinbruch bei Walter Kusch?
Walter Kusch war im Vorfeld des Rennens verschwunden, wurde über das Bayern-Radio gesucht mit der Bitte, sich bei der Mannschaft zu melden. Die Hintergründe kenne ich auch heute noch nicht. In unserer DSW-Vereinszeitung wurde die Leistung meines Schwimmkollegen jedenfalls sehr kritisch bewertet.

Wäre es demnach besser gewesen, sich im Vorfeld stärker auf das Kraulschwimmen zu konzentrieren und einen Platz in der 4 x 200 Meter Kraulstaffel anzustreben?
Trainer Janos Satori wollte eigentlich, dass ich mich für die 4 x 200 Meter Kraul-Staffel qualifiziere. Rückblickend muss ich sagen, dass ich dieses Ziel nicht hartnäckig genug verfolgt habe. Vielleicht hätte ich damals ein Höhentrainingslager einfügen sollen. Nur ein paar Hunderstel Sekunden schneller und ich wäre in der Kraul-Silberstaffel von München dabei gewesen.

Was wäre gewesen, wenn es in München zu einem Medaillengewinn gereicht hätte?

Vielleicht hätte sich mein Leben komplett verändert. Vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon? Heute bin ich damit zufrieden, wie mein Leben verlaufen ist.

München: Olympia-Schwimmhalle

Wie hat man die Leistung von Mark Spitz bewertet, der in München sieben Goldmedaillen gewinnen konnte?
Im Grunde hat man sich auf sein eigenes Umfeld, auf seine eigenen Rennen konzentriert.

Olympia-Teilnahme: Was ist geblieben?

Warst du als Zuschauer noch einmal bei Olympischen Spielen dabei?
Nein.

Wie lange nach München bist du noch geschwommen?
Mich hat man ja bei der Nationalmannschaft oft mitgenommen, weil ich Allrounder war. Bis auf Brust konnte ich alles in guter Qualität schwimmen.

Was ist geblieben von der Olympia-Teilnahme?
Geblieben sind viele gute Erinnerungen und Erfahrungen. Ich hätte schon Lust, noch einmal teilzunehmen. Vor zehn Jahren habe ich tatsächlich überlegt, ob es nicht eine Disziplin gibt, bei der ich mich auch im fortgeschrittenen Alter noch einmal für Olympia qualifizieren könnte. Ich bin dann beim Segeln angekommen, aber es blieb am Ende doch bei Gedankenspielen.
Geblieben sind auch etliche Teile der Olympia-Kleidung von 1972, die hängen noch bei mir im Schrank.

Und die passen heute noch?

Eher nicht ...

Olympia-Botschafter

Du warst 2003 Botschafter im Rahmen der Olympia-Bewerbung Frankfurts für die Sommerspiele 2012. Wie bist du zu dieser Aufgabe gekommen?
Werner Freitag, oder um es korrekt zu sagen, Dr. Werner Freitag, hatte mich in seiner Eigenschaft als Präsident im Hessischen Schwimmverband angesprochen. Wir kannten uns gut aus unserer aktiven Zeit.

Welche Aufgaben hattest du als Botschafter?

Ich war bei Veranstaltungen dabei, in denen Werbung für Olympische Spiele in Frankfurt gemacht wurde. Bei Städten und Gemeinden, bei Sportverbänden und in Schulen. Ich durfte dann Fragen zum Frankfurter Konzept beantworten und meine persönlichen Erfahrungen bei Olympia schildern. Im Konzept für Olympia in Frankfurt spielte auch Darmstadt ein Rolle, denn einige Wettkämpfe sollten tatsächlich in unserer Heinerstadt durchgeführt werden.

Warum war die Bewerbung für Frankfurt am Ende nicht erfolgreich?

Ich glaube, dass eine Bewerbung Frankfurts international eine sehr große Chance gehabt hätte. Bei der nationalen Vorauswahl machte dann aber Leipzig das Rennen; später bei der Vergabe durch das IOC war Leipzig völlig chancenlos.

>>> Andreas Weber: Doping geschieht nicht unbemerkt